… und die Geschichte meiner Heartshots
Natürlich kann niemand wirklich in die Seele eines anderen Menschen schauen. Aber es gibt Möglichkeiten, zumindest einen kleinen Blick zu erhaschen – wenn man dazu eingeladen wird.
2014 hatte ich die Gelegenheit, ein ganz besonderes Portrait-Projekt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie im UKE in Hamburg zu realisieren. Zusammen mit dem großartigen Prof. Michael Schulte-Markwort konnte ich über 40 Jugendliche (natürlich mit dem Einverständnis der Eltern) von den verschiedenen Stationen dafür gewinnen, sich mir und meiner Kamera mit all ihren Emotionen zu zeigen. Wir wollten sichtbar machen, wie berührend echte, pure Gefühlen sind und dass es weder ein Posing, noch aufgesetzte Masken (die wir ja eh alle jeden Tag tragen) braucht, um schön zu sein. Die Jugendlichen, die sich dem Projekt angeschlossen haben, wollten zeigen, wie es ihnen wirklich geht und mit ihren Fotos auch die Themen Klinik, Therapie und „ich nehme Hilfe an, weil ich gesund werden will“ erzählen.
Die Arbeit mit ihnen hat mich zutiefst bewegt und berührt. Ich habe mit ihnen gelacht, geweint, Wut hinaus geschrien und war jeden Tag (das Projekt ging insgesamt über 6 Wochen) unglaublich dankbar und dehmütig.
Zu erleben, wie stolz alle auf ihre Fotos waren und dass es ihnen dabei geholfen hat, sich ein kleines Stück weit mehr anzunehmen, sich selbst zu verstehen und sogar schön zu finden, hätte ich nicht zu hoffen gewagt. Ich durfte ihr Spiegel sein, und was sie sahen, nachdem sie sich immer sichtbarer gemacht haben, hat auch sie überrascht und berührt. Einige hat es sogar dazu inspiriert, ihre Mitmenschen mit anderen Augen zu sehen, weil sie verstanden haben, dass wir alle mehr oder weniger eine Maske tragen und was es bewirken kann, sie „einfach mal“ fallen zu lassen.
Ein Teil von diesen mutigen, jungen Menschen hat sich dazu bereit erklärt, dass die Fotos veröffentlicht werden dürfen. Eigentlich wollten Michael und ich ein Fotobuch daraus machen, aber wir haben über mehrere Jahre keinen Verlag gefunden, der sich zugetraut hat, dieses sensible Thema als „Kunstprojekt“ umzusetzen.
2019 hatte dann der Carlsen Verlag die Idee, ein Jugendbuch (eine Art Ratgeber – über die Einblicke in die jugendliche Psyche) daraus zu machen. Dafür brauchte es dann aber noch Texte und Stimmen der Jugendlichen, was Michael achtsam in die Hand nahm. Nun ist es zwar kein reines Fotobuch, dafür hat es aber einen viel größeren Mehrwert für Kinder, Jugendliche und deren Eltern und schafft es so, zumindest ein wenig, in ein paar Kinderseelen zu blicken und Mut zu machen.
Anstoß zu dem Projekt 2014 gab meine bis dahin schon über 10-jährige Portrait-Erfahrung und das nicht enden wollende Feedback meiner wunderbaren Kunden, dass meine Arbeit viel mehr als Fotografie sei und immer auch etwas „therapeutisches“ habe. Dass es einfach auf so vielen Ebenen so gut tut, mit mir zu arbeiten. Das habe ich ernst und mir zu Herzen genommen und wollte wissen, was meine meine Kamera und ich noch so alles bewirken können.
Aus diesem Projekt und alle dem, was ich dabei gelernt habe, sind später, durch den Anstoß eines lieben Kunden, übrigens meine (Business-)„Heartshots“ entstanden.